„Hey du, mach mal auch bei dem Gewinnspiel mit, da kann man Tickets für das bereits ausverkaufte Konzert gewinnen.“ Nachrichten, wie diese, tauschen unzählige deutsche Bürger*innen tagtäglich aus. Der Reiz solch einer Nachricht zu folgen ist groß. Schließlich kann man Konzerttickets mit „nur zwei Klicks“ für die Lieblingsband gewinnen und kostenfrei ist der Versuch ja ohnehin. Oder nicht? Bieten tausende Unternehmen solche Gewinnspiele ausschließlich an, um Menschen damit eine Freude zu bereiten oder ziehen sie aus dem Prozess selbst auch einen Gewinn?
Spielt man die ganze Prozedur durch, wird jedenfalls zu keinem Zeitpunkt die Bankverbindung abgefragt. Was allerdings erfordert wird, um tatsächlich am Gewinnspiel teilzunehmen, sind persönliche Daten. So gehören der vollständige Name, sowie die E-Mail-Adresse zu den Mindestanforderungen. Wie sollte man auch sonst über seinen Gewinn am Ende informiert werden, ohne jene Angaben vorher zu bestätigen? Diese Informationen sind so gesehen zwingend notwendig. Wer glaubt, dass das der einzige Grund sei, weshalb diese Felder auszufüllen sind, hat das Spiel falsch verstanden. Neben dem Generieren einer Reichweite geht es nämlich ganz genau darum, die persönlichen Daten abzugreifen. Zudem gehen die angegebenen Pflichtfelder oftmals über den Namen und E-Mail-Adresse hinaus. Dann gewinnen die Anbieter zusätzlich Informationen, wie die Wohnanschrift, die Handynummer und das Geburtsdatum der Nutzer*innen für das eigene Register. Aber wer gewinnt am Ende mehr bei dem gesamten Prozess, Teilnehmer*innen oder die Unternehmen?

Das Beziehen und Weiterverkaufen von privaten Daten ist schlichtweg ein Milliardengeschäft. Insgesamt gibt es – Stand 2020, weltweit insgesamt über 4.000 Unternehmen, deren Aufgabe es ausschließlich ist Daten zu sammeln, anschließend zu komprimieren und an Dritte weiterzuverkaufen. Unternehmen, wie diese werden als Daten-Broker bezeichnet. Acxiom gehört hierbei zu den weltweit größten Firmen der Datenbroker und ist im Besitz von Daten über 300 Millionen US-Bürgern. In Deutschland sind bereits Informationen von ca. 44 Millionen Menschen zusammengetragen worden. Der Markt um Unternehmen wie Acxiom herum ist schätzungsweise rund 180 Milliarden Dollar schwer. Um bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben und diese Zahlen zu verdeutlichen hilft ein Blick auf ein einziges Datenbündel – die E-Mail-Adresse eines Normalverbrauchers. Denn diese ist im Vergleich zu einer Liste von 1.000 Personen, mit Angaben zu ihrem Gesundheitszustand, bedeutend wertvoller. So lässt sich ein Durchschnittspreis von umgerechnet 79 Euro je E-Mail-Adresse ausmachen. An Reiseanbieter kann man diesen persönlichen Zugang zur Kontaktaufnahme für weitaus mehr Geld verkaufen. Für eine einzige E-Mail-Adresse müssen sie im Schnitt schlappe 220 Euro springen lassen. Das bedeutet, dass Ihre E-Mail-Adresse den gleichen Wert besitzt, wie ein Wocheneinkauf eines Zwei-Personen-Haushalts. Das heißt auch, dass man nach der Teilnahme an einem Spiel einen Gewinnwert von mindestens 79 Euro ergattern müsste, damit das Unternehmen nicht an Ihnen verdient. Bekanntermaßen ist das allerdings äußerst unrealistisch. Nicht verwunderlich – immerhin nimmt jede zehnte deutsche Person an Online-Glücksspielen teil. Eine berechenbare Formel einer Gewinnwahrscheinlichkeit gibt es nicht. Hierbei weichen die Erfolgschancen zwischen den einzelnen Gewinnspielangeboten zu sehr voneinander ab. Was aber in jedem Gewinnspielratgeber zu finden ist – ja so etwas gibt es tatsächlich, ist die Betonung der regelmäßigen Teilnahme, aber dies würde ja wieder die permanente Freigabe der persönlichen Daten voraussetzen.
Was für einen Wert also die eigenen Daten haben, sollte anhand der Zahlen allzu deutlich geworden sein. Aber wie gehen Normalverbraucher*innen tatsächlich mit diesen um? Zwar fühlen sich auf der einen Seite mehr, als die Hälfte der deutschen Bürger*innen unwohl, ihre Daten an Unternehmen abzugeben. Auf der anderen Seite ist die Anzahl an Menschen, die sich konkret mit Datenschutz auseinandersetzen und Datensparsamkeit tatsächlich großschreiben, in der Realität enorm gering. Mehr als zwei Drittel der deutschen Bevölkerung wissen nicht einmal, welche personengebundenen Daten die Unternehmen von Ihnen besitzen. Besonders leichtsinnig gehen dabei die jüngeren Menschen vor. Fast die Hälfte der 18 bis 29 – jährigen würden sogar ihre Mobilitäts-, Kaufverhaltens- und Gesundheitsdaten an Unternehmen im Gegenzug zu unterschiedlichen Geldbeträgen verkaufen. Doch kann man den Menschen ihre Leichtsinnigkeit vorwerfen? Denn wer hat im Alltag schon genug Zeit auf jeder Internetseite die kleingedruckten, unverständlichen AGBs zu studieren?
Zusammenfassend lässt sich sagen – eine Teilnahme an Online-Glücksspielen, mit der Hoffnung einen Gewinn zu erzielen, ist letztlich ein Gewinn für die Unternehmen. Es handelt sich nicht um einen Gefallen für langjährige Kunden, wie es so häufig betitelt wird, sondern um eine unterbewusste Einbindung von Unternehmenswerbung in den digitalen Alltag sämtlicher Bürger*innen. Und das alles nur, damit unsere Nutzung an unsere Interessen angepasst wird und durch die Gewinnung von Daten, Geld generiert werden kann.
Schlussfolgernd würde es bedeuten, dass man zumindest auf die Teilnahme an Gewinnspielen im Internet verzichtet, um dem ganzen Prozess entgegenzuwirken. Das Problem: Gewinnspiele sind bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, an dem Sie ihre Daten abtreten können. Prinzipiell gilt: Den Internetnutzer*innen muss klar sein – in dem Moment, wo sie Daten freigeben und sei es nur durch die zwingend notwendige Annahme von Cookies, werden die persönlichen Angaben zum Zahlungsmittel der in Anspruch genommenen Dienstleistung der Webseite.
Luise Graw & Niklas Kohl