In den folgenden Rollen: Heldin im Alltag, Kollegin, Tochter, Schwiegertochter, Frau, Freundin, Mutter, Wochenplanerin, Köchin, Krankenschwester, Sanitäterin, Streitschlichterin, Haushälterin, Lehrerin, Erzieherin, Medienbeauftragte, It-Technikerin, Einkäuferin, Chemikerin, Physikerin, Native Speaker, Frisörin, Moderatorin, Animateurin, Fahrerin, Kommunikationstrainerin, Projektleiterin, Schichtleiterin, Medienbeauftragte, Redakteurin, Solution Family Managerin, Volkswirtin, Theologin, Sportlehrerin, Gesundheitsbeauftragte, Nachtwächterin – Mutmacherin
Am 18. März 2020 wurden die Schulen im Land Brandenburg geschlossen. Wochenlang kein Präsenzunterricht, danach vereinzelte Tage mit vereinzelten Unterrichtsstunden. Homeschooling für die Teenies, Homeoffice für mich. Bisher bewährte Tagesabläufe – weggefallen.
Ziemlich schnell wurde der „Familienmanagerin“ klar, dass die Aufgaben daheim komplett ausgetauscht wurden: Schulbrote schmieren lassen – gegen Vollzeitverpflegung. Einkaufen als Aufgabe für die Teenies im Haushalt – gegen einen großen Wocheneinkauf ohne Kinder. Routinen in unserem Alltag, die uns Sicherheit und Ruhe gaben, waren auf einmal nicht mehr vorhanden. Pausenzeiten lösten sich auf.
Unterschiedliche Entscheidungen in den unterschiedlichen Schulen. Bis heute kein Normalbetrieb in allen Schulen. Aus dem Ganztagskonzept der Schulen wurde eine dezimierte, angespannte Hausaufgabenzeit von maximal 4 Stunden mit viel zu vielen Aufgaben für Kinder und Eltern, Flutwellen von Emails und einer nicht funktionierenden Schulcloud.
Die Medien überschwemmten uns am Wochenende vor den Schulschließungen mit ihren Berichten und schürten Unsicherheiten. Es kostete viel Kraft und Energie, sich dem zu stellen, zu beruhigen, nicht herunterzuspielen aber uns alle ein wenig zu erden.
Ständiger Zeitdruck, viele Anforderungen und andere Belastungsfaktoren spielten schon vor der Corona-Krise eine große Rolle als alleinerziehende Mutter. Die neuen Herausforderungen im Homeschooling und Homeoffice ließen mich die Ideen, mehr Verantwortung abzugeben und die Ansprüche an die eigene Arbeit, den Haushalt und den Alltag, die Zeit mit den Kindern zu verbringen und dabei selbst nicht auf der Strecke zu bleiben, neu überdenken. Es galt nun mit neuen Dingen zu jonglieren. Eine besondere Herausforderung war hierbei die alleinige Ansprechpartnerin für die Schulsachen zu sein; Austausch wie in den Klassenräumen mit Kameraden oder LehrerInnen fand nicht statt. Unser Netzwerk hat uns aufgefangen und so konnte ich die Englischaufgaben an die Oma via Telefon delegieren, Formelberechnungen an den Nachhilfelehrer abgeben und gewann somit ein wenig Zeit.
Ideen, diese besondere Zeit mit den Teenagern anders und gemeinsam zu gestalten, kochen oder Kekse zu backen, konnten wir nicht umsetzen. Allein die Rund-um-die-Uhr-Verpflegung bestehend aus Frühstück, Zwischenmahlzeit 1, Mittag, Zwischenmahlzeit 2, Abendessen, Spät-Zwischenmahlzeit 1 und 2 ließen keinen Raum für andere Dinge. Der Alltag bestand aus Homeschooling, Verpflegung und der eigenen Arbeit im eigenen Heim – Homeoffice. Bereits nach den ersten Tagen machte sich eine gewisse Erschöpfung und Müdigkeit breit. Stattdessen gab es nun gemeinsame Abende mit tollen Filmen und der Wunsch, als Familie gemeinsam eine Serie zu schauen. Drei Mädchen, drei Meinungen, zwei Teenager, eine Mutter.
Wann steht wer auf, beginnt wer mit den Schulaufgaben, wann arbeite ich? … waren nur einige Fragen, die im Wochenplan „made by Mum“ berücksichtigt werden mussten.
Bereits nach den ersten Wochen war klar, dass hier weder die zu erledigenden Wochenaufgaben noch die komplette Erledigung der Homeoffice-Aufgaben im Vordergrund stehen konnten – denn es zeichnete sich ab, dass es viel wichtiger war, die Stimmung hochzuhalten. Keine Freunde für die Teenies, kein Sport und Ausgleich für mich als „Mutter“, keine Verabredungen als „Freundin“, kein Sonntagsessen als „Tochter“ bei der Oma. Besuche bei der eigenen Mutter nur im Garten mit Abstand, Begrüßung nur auf Abstand.
So ging es nicht nur mir. Schwierigkeiten, mit einem Schulkind sowie einem Kita-Kind am Küchentisch die eigenen Homeoffice-Arbeiten zu erledigen und den Kindern dabei gerecht zu werden, hinterließen auch Spuren in den Familien im Freundeskreis. Von Woche zu Woche den Plan zu ändern, wann arbeitet wer und wo, waren in allen Familien Gesprächsthema Nummer eins. Die Sorgen und Ängste, weder den Kindern noch sich selbst gerecht zu werden, ebenfalls.
Auch wenn es ungewiss ist, wie es weitergeht – es ist wie es ist und wir machen das Beste daraus. Die Einschränkungen durch die Corona-Krise haben mich und die Kinder viel über uns selbst lernen lassen. Ich bin an meine Grenzen gestoßen, habe neue Möglichkeiten entdeckt. Wir haben erkannt, dass man nicht alles beeinflussen kann und haben die Dinge genommen, wie sie gekommen sind. Die Wochen der Einschränkungen haben uns aus unserer Konsumgesellschaft herausgerissen und uns geerdet, uns daran erinnert, wie gemütlich gemeinsame Abende und wie erfüllend Fahrradtouren sein können, wie nah wir trotz der Entfernungen unseren Lieben sein können und welch Kreativität in uns steckt, uns selbst und anderen Mut zu machen.
Über die Definition von Homeschooling aus Teenie-Mutter-Perspektive

Annett Wadewitz
Danke, Frau Wadewitz, für Ihre lebendigen Schilderungen aus dem Alltag! Pragmatismus, Improvisationslust und Lernwille, Hartnäckigkeit und Besinnung auf die eigenen Kraftquellen – darauf kommt es jetzt mehr denn je an. Und der unerschütterliche Glaube daran, dass wir immer nur gemeinsam weiterkommen. Selbst wenn die Welt um uns herum, so wild, ver-rückt, brutal und wund sich zeigt wie dieser Tage. Bleiben Sie stark! Grüße, B. Bönisch
LikeLike
In solchen Zeiten und durch solche Berichte merkt man wieder, was Mütter für Superheldinnen sind!
LikeLike
Liebe Frau Wadewitz, was für ein Beitrag! Donnerwetter! Meine Bewunderung.Da fällt mir nichts mehr ein, was ich aus der Fast-Rentnerinnenperspektive schreiben könnte, außer vielleicht…Ich glaube, wir haben beide auch Glück mit unseren Chefs.Ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft, damit wir zu Weihnachten wieder Ihre Kekse vernaschen können :o)
LikeLike
Danke, Frau Wadewitz, für Ihre lebendigen Schilderungen aus dem Alltag! Pragmatismus, Improvisationslust und Lernwille, Hartnäckigkeit und Besinnung auf die eigenen Kraftquellen – darauf kommt es jetzt mehr denn je an. Und der unerschütterliche Glaube daran, dass wir immer nur gemeinsam weiterkommen. Selbst wenn die Welt um uns herum, so wild, ver-rückt, brutal und wund sich zeigt wie dieser Tage. Bleiben Sie stark! Grüße, B. Bönisch
LikeLike
In solchen Zeiten und durch solche Berichte merkt man wieder, was Mütter für Superheldinnen sind!
LikeLike
Liebe Frau Wadewitz, was für ein Beitrag! Donnerwetter! Meine Bewunderung.Da fällt mir nichts mehr ein, was ich aus der Fast-Rentnerinnenperspektive schreiben könnte, außer vielleicht…Ich glaube, wir haben beide auch Glück mit unseren Chefs.Ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft, damit wir zu Weihnachten wieder Ihre Kekse vernaschen können :o)
LikeLike