Am 13. Mai 2020 veröffentlichten Joko und Klaas das Video „Männerwelten“, in dem es um alltägliche Belästigung von Frauen in der digitalen Welt geht. Der Instagram Account antiflirting2 geht genau auf dieses Thema ein und macht auf sexuell übergriffiges Fehlverhalten im Netz aufmerksam.
Antiflirting2 wurde 2018 von zwei Frauen in Wien gegründet. Dieser Instagram-Account reagiert auf das Phänomen der digitalen sexuellen Belästigung und macht dieses Fehlverhalten sichtbar. Mit Screenshots von Chats, die sexuell explizite Nachrichten enthalten und in denen nicht geflirtet wird, veranschaulichen die Betreiberinnen Caro und Kim, wie viel sexuelle Belästigung im Internet stattfindet und setzen damit ein deutliches Zeichen.
Der Account funktioniert so, dass betroffene Personen die Screenshots der Chats einsenden können. Caro und Kim bekommen zwischen 50 und 100 Einsendungen pro Tag, zu Hochzeiten waren es sogar 200 Nachrichten. Diese Screenshots werden dann anonymisiert, zensiert und veröffentlicht. Betroffene und TäterInnen sind sowohl Frauen, als auch Männer. Wichtig ist: es geht um die Gefühle der EmpfängerInnen. Nur sie dürfen darüber urteilen, was unangemessen ist:



Die Plattformen, auf denen sexuelle Übergriffe stattfinden, sind unter anderem WhatsApp, Telegram, Dating Apps, Ebay Kleianzeigen und QuizzDuell; und von „harmlos“ bis Chats mit Dickpicks und/oder Triggerwarnung ist alles dabei. Die Triggerwarnung bedeutet, dass traumatisierende oder triggernde Inhalte zu sehen sind. Dazu gehören mitunter die Darstellung und oder Beschreibung von sexualisierter Gewalt, Gewaltdrohungen, Rassismus, Slutshaming, Stalking, Victim Blaming, …
Neben The Times hat auch Tru Doku von den beiden Österreicherinnen berichtet.
Auch Freundinnen von mir und ich haben ungefragt unangemessene Nachrichten erhalten. Es sind nicht einzelne große Ereignisse, sondern viele kleine „Nadelstiche“, mit denen aber deutlich Grenzen überschritten werden: Mal wurde ich von einer völlig unbekannten Person auf Facebook angeschrieben, die auch nachdem ich meinen nicht vorhandenen Freund erwähnt habe, nicht lockergelassen hat. Mal ist es eine Freundin die mir sehr irritiert ein Dickpic zeigt, dass sie bekommen hat. Einmal war es ein mehr als 60 Jahre alter Mann, der meine Handynummer von gemeinsamen Bekannten hatte und mir seine Liebe per SMS gestand und später auch angerufen hat. Meine Freundinnen und ich haben die Chats und Nachrichten nicht mehr, denn wer hat schon Lust beim Durchscrollen der Bilder wieder den Penis einer mehr oder weniger bekannten Person zu sehen oder nochmal nachzulesen, wie Männer unsere intimsten Grenzen überschreiten wollen?
Die Digitalisierung bietet Betroffenen Personen gleichzeitig die Möglichkeit, Belästigung sichtbarer zu machen, indem sie fotografiert, veröffentlicht und geteilt werden kann, so wie antiflirting2 es machen. Caro und Kim erzählen außerdem, dass sie Nachrichten von Betroffenen und TäterInnen bekommen haben. Einerseits von Betroffenen, die sich durch antiflirting2 gegenüber digitale Belästigungen zu Wehr setzen können und andererseits von TäterInnen, die durch antiflirting2 erkannt haben, dass ihr Verhalten unpassend ist. Antiflirting zeigt damit, dass man etwas ändern kann.
Mir persönlich hat WhatsApp die Möglichkeit geboten, einem Mann, der mir im analogen Leben zu Nahe getreten ist, meine Grenzen deutlich zu machen. Ich musste mich ihm nicht gegenüberstellen, sondern konnte ihm in einem geschützten Raum schreiben und war sicher. Sowohl den Chat, als auch den Kontakt habe ich gelöscht, um beides hinter mir zu lassen.
DX.