Amazons wachsender Einfluss auf den gesellschaftlichen Überbau
Wer bei Amazon arbeitet, lässt sich auf Einfacharbeit, Kontrolle und Zeitdruck ein. In vorangegangen Beiträgen dieser Serie wurde deutlich, dass die meisten Beschäftigten sind (tatsächlich nur) Mit – arbeitenden und ein Maschinenzubehör.
Versuchen wir das Unternehmen hinsichtlich weitergehender politischer Machtstrukturen zu betrachten. Zieht man noch einmal Marx zu Rate, dann ist Amazon als weltweit tätiges Logistikunternehmen zunächst ein Teil der ökonomischen Basis der Gesellschaft. Doch in den letzten Jahren versucht Amazon, wie auch andere Tech-Giganten, immer stärken seine ökonomische Macht zu nutzen, um Einfluss auf den politischen, kulturellen und sozialen Überbau zu nehmen. Genannt werden kann hier die kürzlich gegründete Stiftung für Klimaschutz „Bezos Earth Fund“, die über eine Kapital von 10 Mrd. Dollar verfügt. Zudem ist der Chef von Amazon seit einiger Zeit der Inhaber der „Washington Post“, einer der wichtigsten meinungsbildenden Zeitungen der USA. Mit Amazon Prime ist das Unternehmen in der Film- und TV-Produktion immer erfolgreicher und hat inzwischen weltweit 150 Mio. Kunden. Mit dem 2007 erschienenen Kindle dominierte Amazon den Markt für E-Books und hat 2014 den Buchklub Goodreads erworben. Die meisten dieser Aktivitäten werden unter dem Dach einer digitalen Plattform organisiert, auf der Amazon seine Monopolstellung nutzt um die Preise für die Kunden niedrigzuhalten und über die Akkumulation von Nutzerdaten ständig seine eigenen Algorithmen optimiert.

Deutlich wird Amazons Macht auch im Politischen. Obwohl Deutschland der wichtigste Auslandsmarkt ist und es hier auch viele Logistikzentren gibt, zahlte Amazon für alle Europäischen Geschäfte von 2006-2014 die Steuern in Luxemburg, zu einem niedrigeren Steuersatz als in den meisten anderen europäischen Staaten. So soll Amazon in dieser Zeit auf circa 75% seines Gewinnes keine Steuern gezahlt haben. 2019 hat Amazon nach eigenen Angaben in Deutschland 261 Millionen Euro Steuern bei einem Umsatz von 20 Milliarden Euro gezahlt haben. Hierin ist neben der Einkommenssteuer jedoch auch Beiträge zur Sozialversicherung, die Körperschaftsteuer, die Gewerbesteuer, den Solidaritätszuschlag und Einfuhrzölle für Verkaufswaren enthalten. Allein auf die Sozialversicherungsabgaben für die rund 20.000 in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter entfielen schätzungsweise etwa 70 Mio. Euro. Entsprechend lässt sich nur schwer herauslesen, wie hoch tatsächlich die Abgaben waren, die Amazon tatsächlich auf seine in Deutschland erzielten Umsätze geleistet hat.
Letztlich zeigt sich hier die besondere Situation von Amazon, welches längst kein „normales“ Unternahmen mehr ist, sondern weltweit versucht seinen politischen, kulturellen und sozialen Einfluss unter Gesichtspunkten der Profitmaximierung zu erhöhen. Die Macht des Konzerns wird auch in der Zukunft weiter steigen. “Arbeite hart, habe Spaß und schreibe Geschichte.“ (Jeff Bezos)
Helene Walther & Adrian Nehls