Lasst uns übers Sterben reden!

 Jeder Mensch ist sterblich. Ein Fakt, an den uns die Covid-19-Pandemie tagtäglich erinnert. Nutzen wir den Anlass, um uns zu fragen, welchen Stellenwert das Gespräch über den Tod und das Sterben in unserer Gesellschaft hat. Und nicht nur das: Lasst uns nach Möglichkeiten suchen, um uns über den Tod und das Sterben zu unterhalten. Denn der Tod lässt sich so wenig vom Sterben abgrenzen, wie das Sterben selbst vom Leben.

Spätestens mit dem Aufkommen der Hospizbewegung in den 80er Jahren und den später eingeführten Palliativstationen in Deutschland, wird sterbenden und schwerstkranken Menschen ein spezieller Raum gegeben. Während die kurative Medizin weiterhin die Heilung des Menschen forciert, fokussiert sich die Palliativmedizin fortan auf die Linderung von Leiden und der damit verbundenen Aufrechterhaltung der Lebensqualität bis hin zum Lebensende. ÄrztInnen, Pflegekräfte, EhrenamtlerInnen oder SAPV-Teams setzen sich mit Sterbeprozessen und Anwendungsmethoden bei Schwerstkranken und Sterbenden auseinander. Somit wird das Gespräch über das Sterben durch Fachleute professionalisiert und an spezialisierte Institutionen gekoppelt. Weg aus dem Alltag der Angehörigen, aber vor allem aus dem Blick derjenigen, die bis dato keine Sterbefälle oder Berührungspunkte zu diesem Thema hatten. Doch nicht nur die Institutionen nehmen das Gespräch übers Sterben für sich ein, sondern auch der Fakt, dass das durchschnittliche Sterbealter in Deutschland bei 79 Jahren (in 2018) liegt. Das Sterben und somit auch das Gespräch und der Austausch darüber wird nicht nur vom sichtbaren Erleben abgeschottet, sondern erweist sich als ein Thema des Lebensendes, mit dem man sich nicht früher beschäftigen muss als nötig. Einige mögen sich wahrscheinlich auch gar nicht mit dem eigenen Sterben auseinandersetzen, ganz dem Motto von Woody Allen: „Ich habe nichts gegen das Sterben, ich will nur nicht dabei sein, wenn es soweit ist“. Mit guten Gesprächen und frühzeitiger Auseinandersetzung der Möglichkeiten, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, würde vielleicht auch Woody Allen gerne dabei sein, wenn es heißt zu Sterben. 

Koordinierungsstelle für Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland

Im palliativen Sinne ist das „gute Sterben“ jenes, bei dem sich die Sterbenden darüber bewusst sind, dass sie bald sterben werden. Darunter fällt auch eine offene Kommunikation zwischen ÄrztInnen und PatientInnen, sowie den Angehörigen über den bevorstehenden Tod und dem damit verbundenen Sterbeprozess. Es ist sicher, dass wir alle irgendwann sterben werden. Genau deswegen ist es essenziell sich frühzeitig über dieses Thema zu unterhalten, denn „übers Sterben zu Reden hat noch niemanden umgebracht..!

Quelle: Pexels

Das Gespräch über das Sterben und den Tod auf die Straßen zu holen, ist die Grundidee der Caring Community Köln. Hierbei geht es um die Kompetenzförderung der BürgerInnen rund um Sterben, Tod und Trauer und den Anspruch einen ausgewogenen Bürger-Profi-Mix zu erzielen. Die Kultur in der Stadt und damit auch die Gesprächsführung und Fürsorge untereinander sollte nicht nur vom Versorgungssystem getragen werden, sondern die Aufgabe aller sein. Darunter zählt auch, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Auch die Teilnahme an einem Letzte Hilfe Kurs vermittelt BürgerInnen, wie man mit sterbenden Menschen und deren Symptomen umgehen kann. Im Rahmen dieses Kurses wird den Teilnehmenden vermittelt, wie sich das Sterben auf den Körper und Geist auswirken oder wie man auf trauernde Menschen zugehen kann und was eigentlich Sterbebegleitung bedeutet. Natürlich bietet der Kurs auch Raum für die Auseinandersetzung mit eigenen Erfahrungen und dem eigenen Tod. Wer hat sich zum Beispiel schon einmal als kerngesunder Mensch während des Studiums mit der Patientenverfügung oder der Vorsorgevollmacht auseinandergesetzt? Oder mit Freunden und Familien besprochen, welche Erfahrungen man rund um das Thema Sterben bereits gemacht hat und welche Ängste diesbezüglich damit verbunden sind?

Um noch einmal auf den Satz von Woody Allen zurückzukommen: Nicht beim eigenen Sterben dabei sein zu wollen ist das eine, aber sich damit auseinanderzusetzen, während man voll im Leben steht, das andere. Dafür, dass wir erstaunlich oft über Themen sprechen, zu denen nur eine Person oder eine Personengruppe Erfahrungen teilen kann, sprechen wir erstaunlich wenig über das Sterben. Und dass, obwohl wirklich jeder sterben wird. Man könnte also jederzeit mit jeder Person ein Gespräch übers Sterben führen. Wie sähe die Gesellschaft dann aus? Die Hospiz- und Palliativversorgung bietet eine Bandbreite von Möglichkeiten, die das Sterben zu einem positiven Teil des Lebens machen können. Doch auch das Gespräch mit der Familie, Freunden und gar Fremden über das Sterben bietet manchmal Situationen, die das Leben bereichern.

Corinna Weiß, Maj-Britt Klages & Anna Haar 

 

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