
Die Straßen sind leer und wir begegnen uns mit Abstand. Masken sind mittlerweile fester Bestandteil des täglichen Outfits. Sämtliche Geschäfte, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sind geschlossen. Unser Leben hat sich in die eigenen vier Wände verlagert: Arbeit, Uni und Schule finden im Home-Office statt; das Wohnzimmer wird zum Sportstudio; die Küche zum Restaurant. Wer hätte gedacht, dass das unser neuer Alltag ist?
Wir leben in einer globalen Pandemie. Eine Zeit, in der unsere Gesellschaft fern von „normal“ ist. Unser Leben beschränkt sich auf das Nötigste zum Überleben. Es ist aber auch eine Zeit, in der wir unseren Grundbedürfnissen so nah wie lange nicht mehr sind. Es lässt uns unser vorheriges Konsumverhalten hinterfragen und regt zum Nachdenken an. Was brauche ich wirklich? Was ist essenziell?
Bereits in den vorherigen Jahren entwickelte sich, durch ein zunehmendes Bewusstsein für den Zustand der Erde und dessen Entwicklung, in unserer Gesellschaft ein Trend zur Nachhaltigkeit. Besonders stark beeinflusste dieser den Lebensbereich der Ernährung. Durch Dokumentationen, wie „Unser täglich Brot“, welche die Herkunft unserer Lebensmittel aufdecken, begann die Hinterfragung und Kritik der Lebensmittelindustrie. Heutzutage gibt es auch unzählige Publikationen, etwa „Cowspiracy“, die Auswirkungen des Fleisch- und Tierproduktkonsums beleuchten und darlegen, wieso die Fleisch- und Milchindustrie große Feinde eines umweltfreundlichen, nachhaltigen Lebensstils sind. Ein wachsender Teil der Deutschen achte darauf, wo tierische Produkte herkommen und entscheidet sich für eine weniger fleisch-basierte, vegetarische oder vegane Ernährung. So liegt der Anteil von Vegetariern und Veganern bei 10% der Deutschen Bevölkerung, wohingegen es vor knapp 40 Jahren nur 0,6% waren. Es steigt auch die Nachfrage nach klimafreundlicheren Alternativen, wie Fleischersatzprodukten oder Insekten als Proteinersatz.
Aber nicht nur bei Tierprodukten achtet der Verbraucher immer mehr auf die Herkunft. Auch die Verpackung spielt bei immer mehr Produkten – besonders bei Obst und Gemüse – eine bedeutende Rolle. Regional, saisonal, unverpackt – so soll es am Liebsten sein. Es entstehen neue Netzwerke, wie die „Solidarische Landwirtschaft“, deren Ziel die Förderung bäuerlicher Landwirtschaft und ein transparenter Wirtschaftskreislauf ist. Für einen festen Betrag erhält man monatlich frische, regionale Lebensmittel abhängig von der Saison und kann sie an Abholstellen in Berlin-Brandenburg abholen.

Es ist ein Trend weg von massenhaften Produkten, hin zu natürlichen Produkten, der noch mehr durch die neuen Lebensumstände der Pandemie verstärkt wird. Sie bringt Menschen unserer Gesellschaft dazu, sich auf das Nötigste zu beschränken und neigt dazu bei vielen eine Art Existenzangst auszulösen, die dazu drängt die Erde sichern zu wollen. Die aktuelle Situation kann demnach das Bewusstsein des eigenen Konsumverhaltens und des vorherigen Lebensstils erhöhen. Auch der Trend zur Rekulinarisierung gewinnt an Popularität, weil wir mehr oder weniger durch die geschlossenen Restaurants gezwungen sind, selbst zu kochen. Es wird mehr zuhause experimentiert, neue Rezepte werden ausprobiert, und auch die gelegentlichen Sonntagsbrötchen werden selbst gebacken.
Neue Angewohnheiten während der Pandemie, wie einen vegetarischen Lebensstil oder die Wahl zur plastikfreien Alternative, werden Menschen wahrscheinlich nicht nach der Pandemie ablegen. Entwickeln Menschen in der jetzigen Zeit einen nachhaltigeren Lebensstil, so wird er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch verfestigen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Unternehmensberatung Oliver Wyman 2020 bei einer Befragung zum Einkaufsverhalten von Deutschen: 38% gaben an, nach Corona weiterhin vermehrt lokal zu kaufen und 32% würden nach Corona vermehrt zuhause kochen.

Durch die aktuellen Lebenszustände kann die Pandemie eindeutig Einfluss darauf haben, dass wir uns zunehmend Gedanken über den Erhalt der Erde machen und uns für einen nachhaltigeren und umweltbewussteren Lebensstil entscheiden. Dabei geht es nicht allein um die Entscheidung für oder gegen einen kultigen, alternativen Lebensstil geht, sondern auch für oder gegen den Schutz unseres Planeten. Und wer möchte gegen den Schutz seines eigenen zu Hauses sein?
Isabel Buchmann und Anna Haar