Super-Mama oder Karrierefrau? Die schwierige Work-Life-Balance der Frau

In meiner Freundesgruppe haben wir uns vor dem Start unseres Studiums darüber unterhalten, was wir später mit unserem Studienabschluss einmal machen möchten. Und natürlich habe auch ich mir darüber Gedanken gemacht. Wo aber manch einer meiner männlichen Freunde den Haupt-Fokus auf das Gehalt, die Karrierechancen oder den allgemeinen Spaßfaktor des Berufes legt, habe ich mir neben diesen Dingen auch um einen anderen Faktor Gedanken gemacht: Ist mein angestrebter Berufswunsch mit zukünftigen Kindern vereinbar?

Umso länger ich jetzt darüber nachdenke, umso verdrehter wirkt auf mich dieser Gedankengang. Ich war gerade mal 19 Jahre alt und zu diesem Zeitpunkt hatte ich nebenbei erwähnt auch keinerlei Partner, der dieses Thema hätte ansprechen können – es war für mich also schon immer einfach ein Naturgesetz, dass ich als weibliche Person später Kinder bekommen würde. Mit unfassbar mehr Lebensweisheit  –  bzw. einem Jahr – habe ich mich also gefragt, warum ich diese Entscheidung mit in meinen Studienwunsch miteinbezogen hatte, meine männlichen Freunde aber nicht.

Die kurze Antwort: Durch die doppelte Vergesellschaftung der Frau, also ihrer Verantwortung gegenüber dem Beruf, aber eben auch der Familie. Genau mit dieser These haben sich viele renommierte Soziologinnen beschäftigt. Eine der bedeutendsten Vertreterinnen ist Regina Becker-Schmidt. Auch sie sieht die Doppelbelastung der Frau kritisch. Doch beginnen wir von Anfang an.

Zu aller erst ist zu sagen, dass wir uns diese Doppelbelastung hart erkämpft und so gesehen selbst eingebrockt haben. Ich rede von der Frauenbewegung. Im Laufe der Jahre haben sich Frauen mit Schweiß und harter Arbeit die Gleichberechtigung erkämpft – aber wurde diese tatsächlich erreicht?

Laut gesetzlicher Seite sollte dies ja eigentlich stimmen. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so lautet es im Grundgesetz. Sehen wir uns diese These doch mal unter Becker-Schmidts Erkenntnissen an. Laut diesen ist die Vergesellschaftung der Prozess, ein vollwertiges Gesellschaftsmitglied zu werden und nicht nur ein abgeschottetes Individuum zu sein. Nun muss die Frau sich aber nicht „nur“ einmalig durch die Erwerbsarbeit vergesellschaften, wie es ein Mann tut, sondern eben auch durch die Familien- und Haushaltsarbeit. Sie hat also doppelt so viel Aufwand, als vollwertiges Gesellschaftsmitglied anerkannt zu werden. Auch wenn Frauen nach der Geburt des ersten Kindes häufig in Teilzeit gehen und damit vermeintlich die doppelte Belastung verschwindet, haben sie doch mehr Arbeit als ihr Ehemann bezogen auf die Eigenarbeit. So verrichten in Deutschland 72% aller erwachsenen Frauen tägliche Hausarbeiten, von den erwachsenen Männern allerdings nur 29%. Das klingt mir nicht unbedingt nach „gleichberechtigt“.

Doch hinter dieser Ungerechtigkeit verbirgt sich noch eine andere Belastung. Wenn man als Frau Mitglied der Gesellschaft werden will, braucht man also Mann und Kind. Die gesellschaftliche Norm für eine Frau ist nun mal, die Rolle der Ehefrau und Mutter einzunehmen. Ohne diese wird die Frau nicht als komplett angesehen und kann gar nicht glücklich sein, in den Augen anderer zumindest. Das mag für manche Frauen auch stimmen, aber andere reflektieren dieses auf sie zugeschnittene Lebensmodell gar nicht. Aussagen wie „Du bist so ein schönes Mädchen, bald rennen dir die Männer die Tür ein!“ und „Du wirst mal so eine tolle Mutter werden!“ von der Familie hat sie in den meisten Fällen von Geburt an gehört und es ist schwer, sich aus dieser Rolle noch wegzudenken.

Sollte die Tochter dann doch einmal ausdrücken, sich lieber 4 Katzen anstatt Mann und Kind zulegen zu wollen, wird dies meist eher weniger gut angenommen. Generell ist es eigentlich sehr egal, was man als Frau macht, es ist prinzipiell erstmal verkehrt. Man will kein Kind? Dann ist man sehr seltsam. Man ist schwanger? Dann ist man als unverheiratete Frau verpönt. Man will seinen Job nicht für das Kind hinschmeißen? Dann ist man eine Rabenmutter. Man bleibt zu Hause, um sich um das Kind zu kümmern? Dann ist man zu un-emanzipiert. Frauen können ihrer doppelten Rolle in der Gesellschaft nicht entfliehen und werden grundsätzlich für jede Entscheidung in Frage gestellt – denn so emanzipiert sollte die Frau dann auch nicht sein.

So kann es dann bei vielen Frauen auch zu der Konsequenz kommen, die auch ich vor Beginn meines Studiums gespürt habe: Sie müssen eine Entscheidung zwischen der Karriere und der Familie bzw. einem Kind treffen – zumindest fühlt es sich so an. Das ist auch einer der Gründe, weshalb nur ca. jede dritte Frau eine Führungsposition innehält. Gegen diesen Trend gibt es auch Maßnahmen, wie eben die Frauenquote, allerdings bringt diese nichts, wenn die Bedingungen, Familie und Beruf zusammenzuführen, schlecht sind. Da kann die Frauenquote auch bei 100% liegen, bei 0% an weiblichen Bewerberinnen bringt das gar nichts. Selbst wenn sich eine Frau dann für die Karriere entscheidet, hat sie es oft bedeutend schwerer als ihre männlichen Kollegen. Zum Beispiel werden sie für die gleichen Tätigkeiten schlechter bezahlt. Sie werden aber auch nach einer Ausbildung seltener eingestellt, einfach weil Arbeitgeber (*innen leider nur selten) davon ausgehen, dass die Frau die Familiengründung in den Vordergrund stellt. Nicht umsonst hat meine Deutschlehrerin uns Mädchen in der Klasse damals geraten, bei Bewerbungsgesprächen nebenbei zu erwähnen, dass wir alle steril sind – so habe sie damals ihre Stelle bekommen.

Nun, wo lässt uns das jetzt zurück? Es ist für Frauen also komplett unmöglich, das zu verfolgen, was sie wirklich wollen? Schwer zu sagen. Wenn man wirklich anstrebt, sowohl Mutter als auch erfolgreich im Beruf zu werden, muss man als Frau mit vielen Hindernissen rechnen. Denn auch, wenn diese doppelte Rolle vom weiblichen Geschlecht gefordert wird, wird sie nicht sonderlich von Betrieben unterstützt – sei es, dass sie erst gar nicht eingestellt werden oder die Arbeitsbedingungen für Mütter erschwert sind. Sollte man allerdings nur Karriere oder nur Kinder anstreben, kommt Gegenwind von gesellschaftlicher Seite. Es gibt also keinen wirklichen Ausweg – und das ist ein Problem, zu dem es keine einfache Lösung gibt. Ein wichtiger Schritt wäre es schon mal, Arbeitsbedingungen für Frauen zu verbessern und gegen Diskriminierungen vorzugehen – wo glücklicherweise in manchen Bereichen schon ein positiver Trend zu erkennen ist. Allerdings dürfte es um einiges schwieriger werden, das etablierte Frauenbild der Hausfrau ein für alle Mal aus den Köpfen der Menschen zu verbannen. Eine Maßnahme dahingehend wäre eventuell Alltagssexismus in beispielsweise Werbungen oder Filmen zu reduzieren und durch gute Rollenvorbilder abzulösen. Doch ob festgefahrene Meinungen sich dadurch noch verändern lassen, ist auch fraglich. In jedem Fall steht fest, dass etwas gegen die unreflektierte doppelte Vergesellschaftung der Frauen getan werden muss – und wer weiß, vielleicht würde dann die Geschlechterverteilung von gewissen Studiengängen in Zukunft ganz anders aussehen.

SM

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