Unser Leben wird maßgeblich von Arbeit bestimmt. Wir brauchen Arbeit, um Geld zu verdienen, um uns beispielsweise eine Wohnung, Essen und ein soziales Leben leisten zu können. Doch nicht nur die Tatsache eine Arbeit zu haben, sondern auch die Zufriedenheit mit der Arbeit hat einen Einfluss auf unsere Lebensqualität.

Um zu erläutern, inwieweit Arbeit einen Einfluss auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse hat, lohnt sich ein Blick auf das Modell Maslows. Die Maslowsche Bedürfnispyramide strukturiert Bedürfnisse in Gruppen, welche hierarchisch aufeinander aufbauen: physiologische, Sicherheits-, soziale und Individualbedürfnisse. Als letztes „Ziel“ setzt Maslow die Selbstverwirklichung, nach welcher Menschen streben. Welche Bedürfnisse lassen sich hierbei von Arbeit decken? Physiologische Bedürfnisse wie Essen und ein Schlafplatz können durch Erwerbseinkommen versorgt werden. Sicherheitsbedürfnisse wie Schutz, Struktur und Ordnung können durch Arbeit auf zwei Weisen befriedigt werden: Zum einen durch einen vorgegebenen Alltag und zum anderen durch Versicherungen wie Kranken- und Rentenversicherungen, die Schutz vor gewissen äußeren Einflüssen bieten. Auch soziale Bedürfnisse lassen sich durch Arbeit decken; so unterhält man sich auf dem Flur, kann Ideen austauschen und kollektiv arbeiten. Individualbedürfnisse wie Selbstachtung, Anerkennung, Wertschätzung, Freiheit und Unabhängigkeit können ebenfalls durch Arbeit gestützt werden, weil man bspw. stolz auf sich ist „etwas geschafft zu haben“.
Ab diesem Punkt der Bedürfnispyramide, lässt sich argumentieren, dass es nicht mehr ausreicht ‚einfach nur‘ einen Job zu haben, sondern eine Arbeit ‚braucht‘, die einen zufriedenstellt. Im besten Fall vielleicht noch Sinn stiftet und Identität schenkt. Sowohl Individualbedürfnisse als auch die Selbstverwirklichung würden sich wohlmöglich durch die Arbeit in „Bullshit Jobs“ nicht befriedigen lassen. „Bullshit Jobs“ seien nach David Graeber Jobs, wo selbst der Arbeitgeber ‚wisse‘, dass diese Arbeit keinen enormen Mehrwert habe. Er verbringe seine Tage mit sinn-, furcht- und erfolglosen Aufgaben. Graeber nennt bspw. eine Rezeptionistin, die nicht viel zu tun habe und eingestellt werde, weil „die Firma meint, sich eine Empfangsdame schuldig zu sein.“ .Die reine Tatsache eine Arbeit zu haben reicht oft nicht aus, um das von Maslow definierte Ziel der ‚Selbstverwirklichung‘ zu erreichen. Gleichzeitig kann sich diese Frage für viele Menschen gar nicht erst stellen, da grundlegendere Bedürfnisse noch offen sind.
Hierfür ein paar Beispiele zur Verdeutlichung: Wenn bewusst ist, dass Kollegen im Nebenzimmer schlecht über einen denken, können Aufgaben wohlmöglich nicht mit voller Begeisterung erfüllt werden (Defizit: soziale Bedürfnisse). Unabhängig davon wie begeistert der eigene Beruf ausgeführt wird, kann die Begeisterung vermutlich nicht genutzt werden, wenn gleichzeitig Angst um den Job besteht (Defizit: Sicherheitsbedürfnisse). Außerdem kann das Gefühl der Wertschätzung nicht eintreten, wenn dies nicht auch im Gehalt deutlich wird. (Defizit: physiologische Bedürfnisse). Dies wird besonders in Pflegeberufen deutlich: Eine Pflegerin ist von dem Sinngehalt ihrer Arbeit zutiefst überzeugt und kündigt dennoch, da der ständige Druck, die schlechte Bezahlung und die Überstunden nicht auszuhalten sind oder hält an genau diesem Beruf fest, allein wegen der festen Überzeugung, dass dieser Beruf Sinn stiftet. Die äußeren Umstände drücken hier also enorm auf die Arbeitszufriedenheit.
Dies zeigt auch der DGB-Index für ‚Gute Arbeit‘. Dieser legt das Augenmerk auf die Arbeitsqualität aus Sicht der Beschäftigten. „Gute Arbeit“ wird an 11 Kriterien gemessen, die zu einem Gesamtindex zusammengeführt werden. 2019 wurde der ‚Index für Gute Arbeit‘ mit dem Schwerpunkt ‚Arbeitsintensität‘ erhoben. „Gute Arbeit“ wird hier grundsätzlich als Arbeit angesehen, die „als entwicklungsförderlich und belastungsarm beschrieben werden. Dazu gehört auch ein Einkommen, das als angemessen und leistungsgerecht empfunden wird.“ 2019 wurde ein Gesamtindex von 63 für Deutschland erhoben, welcher sich nach der DBG-Definition im unteren Mittelfeld bewegt. Interessant zu beobachten ist jedoch, dass das Kriterium des „Sinngehalts der Arbeit“ als einziges den Status der „Guten Arbeit“ erreicht. Überwiegend sehen Deutsche also durchaus einen Sinn in ihrer Arbeit, dennoch kann sich keine zufriedenstellende Arbeitswahrnehmung einstellen, da Kriterien wie „widersprüchliche Anforderungen und Arbeitsintensität“, „Einkommen und Rente“, „betriebliche Sozialleistungen“, „Körperliche Anforderungen“, „Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten“ und „Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten“ als so gering eingestuft werden, dass die Sinnhaftigkeit dies nicht ausbügeln kann
Ein Defizit in der Arbeitszufriedenheit kann gesundheitliche Folgen haben. So kann es zu physischen Einschränkungen kommen, während eine höhere Jobzufriedenheit positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Arbeitnehmer, die sich überbelastet fühlen, gehen eher zur Arbeit, obwohl sie sich nicht gesund fühlen (dies hat sich ggf. seit dem Beginn der Coronapandemie 2020 geändert) und Pausen zu reduzieren (s. DGB Bericht 2019). Keine Arbeitszufriedenheit hat zudem Auswirkungen auf die mentale Gesundheit. So finden sich Korrelationen zwischen der Arbeitszufriedenheit und psychischen Problemen, Burnout, dem eigenen Selbstwertgefühl, Depressionen und Angststörungen. In der Tendenz bedeutet dies also: sinkt die Arbeitszufriedenheit, so verschlechtert sich die psychische Verfassung. Und hier ist noch nicht die Rede von Arbeitslosigkeit, die ungemein hohe psychische Folgen haben kann.
Neben den individuellen Folgen, die Arbeitszufriedenheit haben kann, hat die Zufriedenstellung von Mitarbeitern auch wirtschaftliche Folgen. So argumentieren Page & Vella-Brodrick dass das Wohlbefinden von Mitarbeitern Grundlage für Organisationen sein muss, da es direkt mit der Mitarbeiterfluktuation und Leistung zusammenhängt. Mitarbeiterzufriedenheit bestehe hierbei vor allem aus dem subjektiven Wohlbefinden, Wohlergehen am Arbeitsplatz und der psychischen Gesundheit. Alle drei Aspekte sollten von Unternehmen beachtet werden, da sonst mehr Menschen die Organisation verlassen (neg. Mitarbeiterfluktuation) und die Produktivität sinke (pos. Leistungserbringung) (ebd.). Ähnliche Erkenntnisse gewinnen auch Böckermann & Ilmakunnas, die feststellen, dass die Arbeitszufriedenheit einen Effekt auf die Kündigungsrate hat und Zufriedenheit Einfluss auf einen verfrühten Renteneintritt haben kann . Unternehmen profitieren also davon, dass Arbeitnehmer einen grundsätzlichen Zufriedenheitsstatus haben und ‚gerne‘ zur Arbeit kommen, um v.a. Mitarbeiter binden zu können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Arbeit einen enormen Einfluss auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse hat. Zudem kann die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit sowohl Auswirkungen auf das individuelle Leben als auch auf wirtschaftliche Organisation haben. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nicht nur die Sinnhaftigkeit der Arbeit zählt, sondern v.a. die äußeren Gegebenheiten das Arbeiten angenehm bzw. unerträglich machen können. Erst dann kann sich oft die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Identitätsstiftung stellen.
Luise Fuhrhop